Manchmal bleibt etwas hängen.
Hin und wieder passiert es, dass ich mich frage, ob ich mich einstmals für die richtige und beste Bildidee entschieden habe, die mich zu dieser oder jenen Illustration geführt hat und ob Variation B oder C nicht vielleicht doch die bessere Wahl gewesen wäre. Infolgedessen, dass immer auch ungezählte Bildmotive aufgrund dieser Varianten oder alternativer Nebenschüsse entfallen und somit überzählig sind, liegt die Erkenntnis nicht fern, dass manchmal Zweifel übrig bleiben.
Ich möchte hier gar nicht lange den damit verbundenen Entscheidungsprozess erläutern, der jeder Bildauswahl zugrunde liegt. In der Regel sind es aber etliche Kriterien, die mich letztlich dazu bewegen, mich für einen bestimmten Entwurf zu entscheiden. Fragen, ob dieser in den Gesamtkontext und die Bildabfolge der übrigen Bilder passt, ob die Verständlichkeit erhalten bleibt, wie lange der Blick im jeweiligen Bild verweilen soll und ob das Bild auf positive Weise mit dem Text zusammenspielt, ihn erkennen lässt aber auch Neues beinhaltet, schließen sich zusätzlich an. Manchmal wähle ich aber auch Motive, die mir eine besondere Vorfreude bereiten, weil ich genau weiß, dass ich an diesem Bild viele gestalterische Möglichkeiten und zeichnerische Abwechslung bekommen werde oder weil ich derartiges noch nicht gemacht habe. Das Höherstecken der eigenen Messlatte spielt in diesem Falle eine Rolle. Blickführungen, Kontrastwechsel, Strukturrhythmen, zeitliche Abfolgen u.v.m. bieten unzählige Sichtweisen und Entscheidungsmöglichkeiten.
Diese Beispiele sind nur einige Punkte, um die Diversität der Beweggründe aufzuführen. Und dabei darf das große Ganze nie aus dem Auge verloren gehen, denn es geht immer auch und vor allem um das komplette Buchwerk. Letztlich muss also immer wieder aufs Neue geschaut und erwogen, analysiert und bewertet werden.
Doch trotz dieser gewissenhaften Prüfung kann es vorkommen, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt einige Bilder aufs Neue oder immer mal wieder hervor schummeln und sich mir mit fragendem Ausdruck entgegenstellen. Und jetzt? Dass das Zweifeln und Hinterfragen stets ein Teil meiner Arbeit ist versteht sich wohl von selbst. Ohne eine gehörige Portion an Reflexion würde man in solchen Bereichen stehen bleiben und sich der Möglichkeit sich zu verbessern entziehen. Fragen wie: „Hätte ich nicht vielleicht doch lieber das andere Bild wählen sollen?“ oder „Diese Variante wäre im Nachhinein auch nicht schlecht gewesen.“ gehören also einfach mit zum Spiel. Irgendwann muss ich mich dann eben für die beste Möglichkeit entscheiden.
Interessant hierbei finde ich den Gedanken, dass ein und dasselbe Buch unter diesen Umständen vielleicht ein völlig anderes geworden wäre, nicht unbedingt besser oder schlechter sondern einfach nur anders. Dieser Gedanke beschäftigt mich immer wieder und so stelle ich mir vor, wie es wäre, einmal ein Buch in wenigstens einer weiteren Variante auf den Weg zu bringen, ein eigenes Remake sozusagen. Oder weiter gedacht könnte man sich stets mit dem gleichen Buch beschäftigen, nur jedesmal in einem anderen Gewand: Die Variation eines Titels. Das würde natürlich niemand machen, aber die unterschiedlichen Sichtweisen auf dasselbe Thema haben mich schon immer fasziniert. Dennoch gibt es natürlich auch diesen unbändigen Drang, stets etwas Neues erschaffen zu wollen: Neue Themen, neue Formate, abgeänderte Techniken, frische Ideen. Und diese Kraft ist weitaus größer und das sollte sie auch sein. Die Gefahr, auf der Stelle zu treten, wäre mir wahrscheinlich zu groß.
In oben genanntem Gedankenspiel schwingt natürlich auch das Bestreben mit, nichts dem Zufall überlassen zu wollen und es zeugt davon, stets ein wenig unzufrieden zu sein, nicht alle Möglichkeiten ausgelotet zu haben. Sich nicht mit dem Erstbesten zufrieden zu geben als inneres Prinzip fungiert gleichzeitig auch wie ein Motor, der Verbesserungen produziert. Das kann anstrengend sein, weil durch die erhöhte Produktion deutlich mehr Arbeit anfällt und sie gleichzeitig die eigenen Qualitätsansprüche höher treibt. Aber eine Auswahl zu haben ist andererseits auch etwas Gutes und schult ungemein den Blick. Eine ähnlich spannende Frage, welche sofort daran anschließt, beschäftigt sich mit dem Thema, wann etwas fertig ist. Vielleicht ist es auch gerade diese Frage, die die gezeigten Skizzen mit Neugier besetzen und sie interessant erscheinen lassen, weil der Kopf anfängt sich vorzustellen, wie sie denn wohl in der Reinzeichnung ausgesehen hätten.
Und weil dies vielleicht so ist, nehme ich Sie an dieser Stelle kurz mit zurück an den Zeitpunkt der Ideenfindung und präsentiere Ihnen eine Handvoll Skizzen, die irgendwie hängen geblieben sind. Rasch Notiertes, das immer noch Aufmerksamkeit fordert und mich gleichsam darüber sinnieren lässt, ob sie vielleicht doch noch einmal für irgend ein Projekt oder Bild zu verwenden sind.
Direkt aus meinem Skizzenbuch stammen nun also die hier aufgeführten Miniaturen, die meist nicht größer als etwa 6 cm in ihrer Länge oder Breite sind. Diese Skizzen entstanden zumeist mit dem Kugelschreiber, der seinen besonderen Reiz durch seine Unkorrigierbarkeit und seine ausdrucksstarken Strich bekommt. Einige der Zeichnungen sind zusätzlich mit dem Bunt- oder Filzstift koloriert worden.
Falls Ihnen das eine oder andere Bild später irgendwann also einmal bekannt vorkommen wird, dann muss das nicht unbedingt ein Déja vu sein.